Künstliche Intelligenz (KI) ist ein breites und sich stetig weiterentwickelndes wissenschaftliches Fachgebiet. Dessen Werkzeuge und Methoden werden vermehrt und immer stärker auch in der Arzneimittelentwicklung eingesetzt. Vorteile, die sich in allen Stufen des Entwicklungsprozesses neuer Medikamente ergeben, stehen jedoch auch neuen Herausforderungen gegenüber. Dieser Artikel soll dabei Problematiken und Möglichkeiten aufzeigen.
Der lange Weg bis zum neuen Medikament
Die Entwicklung eines neuen Medikaments verläuft über viele Stationen. Von der Idee bis zur ersten Zulassung dauert es in der Regel mehr als 13 Jahre. Weitere Jahre vergehen, bis das Medikament auch für alle Altersgruppen zur Verfügung steht. Ein zunehmend kostspieliger und zeitaufwändiger Prozess. Künstliche Intelligenz kann dabei bereits in frühen Phasen Forscherinnen und Forscher dabei unterstützen, einen geeigneten Angriffspunkt im Krankheitsgeschehen zu ermitteln. Dabei wird versucht, ein Molekül zu identifizieren, an dem anschließend ein neues Medikament ansetzen könnte. Hier kann die KI bereits heute die Effizienz deutlich steigern, den Prozess beschleunigen und damit Kosten einsparen. Mithilfe von Deep Learning werden Vorhersagen des molekularen Verhaltens und der Wechselwirkung der Moleküle getroffen. Die Künstliche Intelligenz ermittelt dabei Muster und Erkenntnisse für die weitere Forschung in einem immer kleiner werdenden Zeitrahmen.
KI in der Arzneimittelzulassung
Nachdem Forscherinnen und Forscher einen geeigneten Angriffspunkt ausfindig gemacht und eine neue Substanz erfunden haben, die ins Krankheitsgeschehen eingreifen soll, um die Krankheit zu lindern oder sogar heilen zu können, folgt die überaus aufwändige Phase der Tests und Studien. Auch hier kann die Künstliche Intelligenz helfen, die Giftigkeit vorherzusagen und somit mögliche Molekül-Kandidaten im Vorhinein herauszufiltern und damit den Test und Studienumfang enorm zu minimieren. Mit dem richtigen Algorithmus wird die KI in der Lage sein, die Erfolgsraten eines bestimmten Medikaments zu ermitteln, bevor diese Schritte im Prozess überhaupt begonnen haben. Darüber hinaus wird es auch möglich sein, die Wahrscheinlichkeit einer Genehmigung zu berechnen. Pharmaunternehmen können dann darauf beruhend Entscheidungen treffen, ob die Weiterentwicklung Sinn macht oder Geld und etliche Jahre an Entwicklungszeit besser in einen anderen neuen Arzneimittelkandidaten investiert werden.
Diese Technologie kann auch verwendet werden, um bereits existierende Arzneimittel zu analysieren und damit Auswirkungen auf den menschlichen Körper und etwaige Nebenwirkungen besser zu verstehen. Dieser Umstand macht es darüber hinaus auch möglich, bereits existierende Medikamente auf weitere positive Effekte zu testen. Damit lässt sich somit schneller und leichter feststellen, ob ein bereits existierendes Arzneimittel auch ein möglicher Kandidat zur Bekämpfung von beispielsweise Covid-19 oder anderen Viruserkrankungen ist. Da bereits existierende Medikamente eine Zulassung besitzen, gibt es auch hier ein enormes Zeiteinsparungspotenzial für die Bereitstellung geeigneter Medikamente.
Big Data in der Medizin
Bis heute haben Forscher*innen und Pharmakonzerne eine Unmenge an Daten angesammelt. Diese Daten sind entscheidend für die kontinuierliche Entwicklung der medizinischen, pharmazeutischen und Gesundheitsindustrie. Genau hier liegen aber auch Problematiken begraben. Es gibt schlicht zu viele Daten und Informationen, die ohne Methoden des Machine-Learnings in keiner Weise mehr effizient verarbeitbar wären. Die Vermeidung von Datensilos und die Vernetzung der Daten aus unterschiedlichsten Beständen stellt eine weitere große Herausforderung dar, da es sich bei Gesundheitsdaten um ganz besonders sensible Daten handelt. Datenschutz spielt auch hier eine enorm wichtige Rolle. Wenn medizinische Daten an Dritte weitergegeben werden, darf die Person dahinter nicht mehr zu erkennen sein. Eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Daten ist essenziell und das nicht nur für die Nutzung der personenbezogenen Daten in einem wissenschaftlichen Umfeld.
Fazit & Ausblick
Die Entwicklung eines neuen Medikaments ist ein Marathon und Methoden der Künstlichen Intelligenz erlauben es WissenschaftlerInnen und Unternehmen in der Medizinbranche, die Zeit und Kosten bis zur Markteinführung maßgeblich zu senken. Künstliche Intelligenz wird eine immer wichtiger werdende Rolle im medizinischen Umfeld einnehmen und dabei den Schlüsselfaktor für zukünftige personalisierte Medizin spielen. Medizin wird so in den nächsten Jahren mehr und mehr zur Data Science.
Christoph Murauer
Student Data Science and Business Analytics an der FH St. Pölten