Laut World Health Organisation haben mehr als eine Milliarde Menschen eine Behinderung. Mit der fortschreitenden Digitalisierung in allen Bereichen des täglichen Lebens, werden diesen Menschen jedoch zusätzliche Barrieren in den Weg gelegt. Künstliche Intelligenz könnte hierbei eine Möglichkeit bieten, diese Barrieren zu durchbrechen und für mehr Inklusion sorgen.
Wie kann KI helfen?
Die digitale Welt bietet viele Herausforderungen für Menschen mit Behinderung. Einfachste Tätigkeiten, wie das Bedienen eines Computers, das Besuchen einer Website oder das Sehen und Hören von YouTube Videos sind teilweise nicht möglich. Menschen mit Behinderung sind deswegen auf diverse Unterstützungssysteme angewiesen.
Genau hier kann auch Künstliche Intelligenz helfen durch:
• Spracherkennung
• Echtzeitübersetzungen
• Computer Vision
• KI mit Roboterunterstützung
Der positive Effekt durch die Nutzung solcher Programme und Systeme ist enorm, jedoch erweist sich die Umsetzung als sehr schwierig.
Die Herausforderungen
BIAS und Inklusion
Ein KI-Softwarezyklus kann grob in drei Teile unterteilt werden: Training, Testing und Deployment. Die bereits vorhandenen Daten werden in 2 Teile aufgeteilt. Die künstliche Intelligenz wird anschließend mit einem Block von Daten trainiert und mit dem anderen Block getestet. Wenn alles gut verläuft, kommt es zum Deployment, wo der Algorithmus mit neuen Daten umgehen muss. Wenn jedoch mit „schlechten“ Daten trainiert und getestet wird, kann der Algorithmus in der Anwendung auch nicht richtig funktionieren. Schlechte Daten sind hierbei jedoch schwer zu definieren. Zum Beispiel könnten bestimmte ethnische Gruppen oder Geschlechter unterrepräsentiert sein und der Algorithmus wird dadurch voreingenommen (BIAS). Auch im Hinblick auf Barrierefreiheit gibt es hier Probleme. Menschen mit Behinderungen sind in den Datensätzen oft gar nicht repräsentiert. Deswegen funktionieren die meisten Spracherkennungssoftwares nicht sehr gut für Leute mit Dysathrie, speziellen Akzenten aufgrund von Taubheit oder anderen Spracheinschränkungen.
Der Bereich Computer Vision zeigt ein ähnliches Bild. Die Algorithmen sind nicht ausgelegt für die Verwendung durch Menschen mit eingeschränkter Sicht oder Blindheit und sind deswegen deutlich weniger effizient. Im schlimmsten Fall werden dadurch Menschen ausgeschlossen, da sie die digitale Welt nicht miterleben können.
Bessere Transparenz über die momentanen Limitationen von Datensets und eine zusätzliche Implementierung von Datensätzen von Menschen mit Behinderungen sind erste Schritte zur Bekämpfung dieser Barriere.
Kein Platz für Fehler
Viele Menschen mit Behinderungen müssen sich auf die Ergebnisse eines KI-Systems verlassen, ohne die Möglichkeit zu haben, diese zu überprüfen. Dadurch entsteht eine größere Abhängigkeit, die in KI-Systemen berücksichtigt werden muss. Vor allem im Computer Vision Bereich spielt dies eine sehr große Rolle. Wenn zum Beispiel eine visuelle Assistenzsoftware für einen blinden Menschen ein Objekt in der Umgebung falsch klassifiziert, kann dies verheerende Sicherheitsrisiken für den Menschen bedeuten. Precision und Recall eines Algorithmus sollten deswegen für Nutzergruppen mit erhöhtem Risiko neu kalibriert werden. Zusätzlich muss auch noch eine Möglichkeit gefunden werden diese statistischen Kennzahlen verständlicher für Endnutzer zu übersetzen, damit diese damit umgehen können.
Soziale Akzeptanz
In der momentanen Gesellschaft wird die künstliche Intelligenz noch immer sehr kritisch betrachtet. Die größten Ängste liegen dabei in den Bereichen Sicherheit, Privatsphäre und Fairness. Eine repräsentative Studie in Deutschland hat zum Beispiel ergeben, dass nur ein Viertel der Menschen an die positiven Auswirkungen von KI auf die Gesellschaft glauben. Anders sieht es aber aus, wenn die Technologie von einem Menschen mit Behinderung genutzt wird. Rund 89 Prozent glauben hier an einen positiven Effekt. Dies ist besonders gut, da Datenerhebungen bei Menschen, die einene direkten Nutzen darin sehen, einfacher zu gestalten sind. Bei der Implementierung von einem KIUnterstützungssystems müssen aber unterschiedliche Regeln für die Nutzung aufgrund des Behinderungsstatus des Endnutzers aufgestellt werden. Hier Gesetze, Normen und Vorschriften auszuarbeiten ist aufgrund der Vielfältigkeit an Beeinträchtigungen eine große Aufgabe.
Hat es eine Zukunft?
KI-Technologien bieten ein großes Potenzial für Menschen mit Behinderung. Dieses Potenzial kann aber nur vollständig entfaltet werden, wenn genau diese Menschen auch bei der Entstehung neuer Technologien einbezogen werden. Die Herausforderungen von der Barrierefreiheit durch KI zeigen erneut die Wichtigkeit von Transparenz bei der Entwicklung eines KI-Systems. Als Techniker liegt es in unserer Verantwortung, die vorher präsentierten Probleme proaktiv anzugehen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen nicht von der KI-Revolution zurückgelassen werden.
Quellen: